Leipzig, den 30.04.2020
Mit unserer Kampagne „#TrotzAlledem – Corona und autoritärem Staat trotzen: Solidarität und Freiheit in der Krise“ wollen wir den sächsischen Verhältnissen in Zeiten von Corona zum Trotz die Rahmenbedingungen schaffen, gemeinsam, sichtbar und konsequent für unsere Forderungen eintreten zu können: Verantwortung tragen – nicht nur für die Gesundheit all unserer Mitmenschen, sondern auch für die Welt nach der Krise! Für praktische Solidarität statt hohler Phrasen! Corona und autoritärem Staat trotzen!
Ende März wurde in Sachsen die Ausgangsbeschränkung eingeführt und damit auch die Versammlungsfreiheit faktisch abgeschafft. Schon kurz darauf wurde deutlich, dass es den Menschen aber trotz oder auch gerade wegen der proklamierten Krise weiterhin ein Bedürfnis ist, ihre Gedanken und Forderungen sichtbar nach außen zu tragen – nicht nur in den digitalen Medien, sondern auch an den Häuserwänden und auf den Straßen.
Es gab unter anderem Kleingruppenaktionen wie eine Soli-Aktion für die anarchistische Gefangene Hülya, um auf die verschärfte Situation der Gefangenen in Corona-Zeiten aufmerksam zu machen, oder auch den bundesweiten und dezentralen Aktions-Tag zu #LeaveNoOneBehind, um die Geflüchteten an den EU-Außengrenzen wieder ins Gedächtnis zu rufen. Angezeigte Versammlungen wurden von den Ordnungsbehörden untersagt oder so streng beauflagt, dass eine Durchführung nicht mehr möglich schien. Pressesprecherin Anja Schwerthoff erklärt, „Dass die behördliche Forderung nach einer Namensliste dem Schutz der Teilnehmer*innen dienen soll, scheint gerade hier in Sachsen völlig absurd! Schon viel zu häufig hat sich gezeigt, dass linke Demonstrant*innen von den Behörden angegriffen und kriminalisiert werden…“ So entwickelten sich kreative Umgangsformen wie das „politische Schlangestehen“, bei dem die tödliche Migrations- und Klimapolitik kritisiert wurde.
Einen vorläufigen Höhepunkt gegen die allgemeine Handlungsunfähigkeit bildete dabei eine flint*-Spontandemonstration am letzten Mittwoch, die auf den Femizid im Leipziger Auwald aufmerksam machte – ohne Polizeikontakt lief die Demo über die Karli. In diesen Erfolg reihte sich gleich eine weitere Spontandemonstration unter dem Motto “Nazis morden, die EU macht mit – nieder mit dem Bullenstaat” am Montag im Leipziger Westen ein.
Für uns zeigt sich deutlich: Solidarität ist mehr als Zuhause bleiben und Abstand halten! Für uns bedeutet Solidarität gegenseitige Verantwortungsübernahme, das Eintreten füreinander und Zusammenhalt auch über die eigene Lebensrealität hinaus. Solidarität erfordert aktives Handeln und mitunter auch Schritte, die uns ungewohnt erscheinen.
Nun sind Versammlungen zwar wieder gestattet, aber nur mit sehr wenigen Teilnehmer*innen und unter strengen Auflagen. „Das genügt uns noch lange nicht! Selbstbestimmung und politische Teilhabe geht alle etwas an, das können wir nicht auf eine fixe Teilnehmer*innenzahl begrenzen.“, so Anja Schwerthoff weiter.
Wir fordern die sofortige Rücknahme aller repressiven Maßnahmen und die Wiedereinführung grundrechtlich verbriefter Freiheiten! Uns scheint offensichtlich: Der Staat kann nicht die Lösung der Krise sein! Wir rufen alle Menschen zu Solidarität und Verantwortungsübernahme auf: Nehmt eure Angelegenheiten selbst in die Hand, bildet Netwerke und unterstützt einander! Seid sichtbar auf den Straßen!
Auch in Hinblick auf den morgigen 1. Mai – einem Tag, der historisch für das Aufbegehren der Arbeiter*innenklasse gegen ihre Ausbeutung steht – sind wir voller freudiger Erwartungen. So gibt es neben einem anarchistischen Aufruf zu dezentralen Aktionen vom Feinkost-Gelände um 12:00 Uhr die Demo „#NichtAufUnseremRücken“ für ein gutes Leben für alle und vom Augustusplatz um 14:00 Uhr die Demo „#DankeHeisst“ für mehr Lohn, mehr Schutz und mehr Mitbestimmung.
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